Braucht die Tierärzteschaft einen Ethikkodex?

Bald soll es sie geben, in Stein gemeißelte Richtlinien, an denen gemessen werden kann, ob ein Tierarzt sich in seinem Handeln ethisch korrekt verhält. Bis jetzt liegt nur ein Entwurf vor, der aber bereits jetzt für Disskusionen sorgt....aber bilden Sie sich selbst ein Urteil:


Ethik-Kodex

Der Ethik-Kodex der Bundestierärztekammer legt die Selbstverpflichtungen zum moralisch richtigen Handeln von Tierärztinnen und Tierärzten in ihrer täglichen Arbeit gegenüber den Tieren, den Tierhaltern und der Gesellschaft dar.


1 Tierärztinnen und Tierärzte dienen dem Allgemeinwohl

- Mit ihren fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten sind sie in besonderer Weise zum Schutz der Tiere und zur Sicherung ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens verpflichtet.

- Sie vertreten die Belangeder Tiere gegenüber der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie zeigen Missstände auf und helfen sie zu beseitigen.

- Interessens- und Zielkonflikten stellen sie sich mit verantwortungsvollem Abwägen konkurrierender Interessen und berücksichtigen dabei insbesondere die Bedürfnisse der Tiere.

- Sie setzen sich dafür ein, die Menschen vor durch Lebensmittel und andere Erzeugnisse tierischer Herkunft hervorgerufenen Krankheiten und Gesundheitsrisiken, vor von Tieren übertragbaren Krankheiten sowie vor Verletzungen durch Tiere zu schützen.

- Sie fördern den wissenschaftlichen Fortschritt auf allen Gebieten der Medizin und der Biowissenschaften und unterstützen die Erforschung, Entwicklung und Anwendung von Alternativen zu Tierversuchen.

- Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung übernehmen sie Verantwortung für die ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen ihres Handelns.


2 Tierärztinnen und Tierärzte tragen Verantwortung für die Gesundheit von Mensch und Tier

- Sie übernehmen eine hohe Verantwortung für den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier und verpflichten sich den Prinzipien des One-Health-Konzeptes bei der Verhütung und Bekämpfung von Zoonosen und dem verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika.

- Sie setzen sich dafür ein, Tiere vor Schmerzen, Schäden, Leiden und Angstzuständen zu bewahren und deren Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern. Sie helfen, Krankheiten der Tiere zu verhüten, Krankheitsursachen zu erkennen und abzustellen und aufgetretene Krankheiten zu lindern und zu heilen.

- Sie lehnen alle Maßnahmen ab, durch die Tiere Leistungen erbringen sollen, die ihre physischen oder psychischen Grenzen übersteigen oder negative Konsequenzen für ihre Gesundheit und/oder ihr Wohlbefinden haben.

- Sie verurteilen jede Form der zu Schmerzen, Leiden und Qualen führenden oder beitragenden Zucht und setzen sich für das Erkennen und Vermeiden solcher Entwicklungen ein.

- Sie setzen sich für die Tiergerechtheit aller Haltungsbedingungen ein, um die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Unversehrtheit der Tiere zu gewährleisten,

- Sie fordern und fördern die konsequente Anwendung vorhandener und die Erforschung neuer Erkenntnisse, so dass die Haltungssysteme und die Betreuungsqualität für die Tiere ständig verbessert werden.

3 Tierärztinnen und Tierärzte richten Tierbehandlungen stets am Tierwohl aus

- Sie führen diagnostische, prophylaktische und kurative Maßnahmen nur dann durch, wenn sie medizinisch indiziert sind oder es einen zwingenden Grund für sie gibt.

- Sie führen keine Maßnahmen durch, die mit einem voraussichtlich besseren Ergebnis von einer spezialisierten Praxis oder Klinik durchgeführt werden können, sondern sie überweisen solche Patienten.

- Ziel tierärztlich-kurativen Handelns ist immer die Wiederherstellung, der Erhalt oder die Verbesserung der tierspezifischen Lebensqualität.

- Sie führen schmerzhafte Eingriffe an Tieren grundsätzlich nur unter allgemeiner und/oder lokaler Schmerzausschaltung einschließlich postoperativer Analgesie durch.

- Im Rahmen ihrer Möglichkeiten leisten sie bei verunfallten oder krank aufgefundenen Tieren eine fachgerechte Erstversorgung.

- Sie beenden das Leben eines Tieres nur bei Vorliegen eines vernünftigen Grundes und nach gewissenhaft gestellter Diagnose und Prognose unter Berücksichtigung der zu erwartenden weiteren Lebensqualität. Sie wählen dafür die für das Tier am wenigsten belastende Methode. Sie handeln stets mit Respekt gegenüber dem Tier und dem Tierhalter, wobei sie sowohl eine Leidensverlängerung als auch eine Lebensverkürzung allein auf Wunsch des Besitzers ablehnen.


4 Tierärztinnen und Tierärzte unterstützen die Tierhalter in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber dem Tier

- Wenn möglich, weisen sie im Vorfeld der Anschaffung von Tieren auf die besonderen Bedürfnisse des gewünschten Tieres sowie die möglichen Konsequenzen hin, die sich mit der Tierhaltung für das individuelle Umfeld ergeben können.

- Sie fordern und tragen dazu bei, dass Tierhalter und Tiernutzer ihrer Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere gerecht werden und über eine entsprechende Sachkunde über die physiologischen, mentalen und sozialen Bedürfnisse der Tiere verfügen.

-Sie wirken durch Information und Beratung darauf hin, dass Tiere ihre art-, rasse- und typspezifischen Verhaltensrepertoires ausleben können.

- Stellen sie defizitäre Zustände in der Tierhaltung fest, fordern sie die Tierhalter zur Behebung der Mängel auf. Erforderlichenfalls arbeiten sie dafür mit staatlichen Organen zusammen.


5 Tierärztinnen und Tierärzte halten die Regeln der Kollegialität ein

- Sie übernehmen die individuelle Verantwortung im Bereich der Aus- Fort und Weiterbildung des tierärztlichen Nachwuchses und der ihnen anvertrauten Auszubildenden in Assistenzberufen.

- Sie behandeln Kolleginnen und Kollegen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter respektvoll und bezahlen sie leistungsgerecht.

- Sie verhalten sich den Kolleginnen und Kollegen und insb. dem Tierärztlichen Nachwuchs gegenüber als Vorbilder bei der Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung der Tierärzteschaft.